EIN MENSCH, WIE STOLZ DAS KLINGT.
Häää? … nee, find‘ ich nicht.
Dieser Satz, ein wohl bekanntes Zitat aus Maxim Gorkis Stück „Nachtasyl“, russisch „Am Boden“, wurde uns Schülern im Fach Literatur gerne als ein Beispiel revolutionären Geistes im Schaffen des Künstlers präsentiert. Keiner hat das Stück so richtig gelesen, schon gar nicht auf Russisch.
Den Druck der deutschsprachigen Fassung hat Gorki übrigens persönlich überwacht, damals in Wittenberg.
Wir bemühen nun aber das Original.
Dort beginnt der Protagonist Satin, ein Mensch ohne Eigenschaften, umgeben von lauter gescheiterten Existenzen, seine Rede mit:
„Wenn ich betrunken bin, gefällt mir alles.“ (Wer kennt das nicht ?)
Er wundert noch ein bisschen herum, über die Bedeutung des Menschen ansich, um dann die, für uns entscheidenden, Worte zu sprechen:
„Mann des Jahrhunderts. Das ist … großartig. Das klingt … stolz. Mann des Jahrhunderts. … Darauf lasst uns trinken Baron.“
Nicht человек = ein Mensch also, sondern чело – век = Mann des Jahrhunderts: Diese Wortspielerei gibt der Sache einen Sinn, da geh‘ ich mit.
Fazit: Der revolutionäre Geist entstammte in diesem Fall eindeutig der Flasche.
Wieder etwas gelernt und hoffentlich richtig interpretiert … Выпьем за это …!
PS: Auf dem Bild sehen wir Ernst Busch, Schauspieler und Sänger, in der Rolle des Satin.
So recht glücklich bin ich mit dem Wortspiel um человек nicht; чело ist doch das Ofenrohr(?); und век müßte im Genitiv stehen, also века. Was übersehe ich? 🤔
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Willkommen im Blog …
Als Meister des Schulrussischen habe ich auch stetig Zweifel an meiner Interpretation. Deshalb nutze ich DeepL und da gibt es für
чело – векa die Ausgabe ‚Mann des Jahrhunderts‘. Genitiv …
Ich werde noch einmal das russische Originalzitat aufsuchen und es hier einstellen. Ofenrohr war’s allerdings nicht …
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Das wär sicherlich recht spannend, Gorki im Original zu lesen…
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Wieder was gelernt. Danke. Eine ähnliche sozialistische Irreführung hangelt sich um Brechts Lob des Kommunismus. Das plumpe Ding sollte immer als große Kunst interpretiert werden. Allerdings wars gar kein Gedicht, sondern ein Monolog der “Mutter“ im gleichnamigen Theaterstück. Dort erklärt sie Analphabeten in ihrer ersten Abendschulsunde auf primitive Weise den Kommunismus. Aber wer guckt sich zu DDR Zeiten schon ganze Brechtstücke an. Den listigen Brecht kannten wir ja gar nicht.
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„Nachtasyl“ schätze ich sehr, besonders die japanische Verfilmung (von Kurosawa?).
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Ich lese die Russen lieber auf Deutsch. Eine gute Übersetzung zum Beispiel von Manesse und schon muss man sich nicht mehr um Genitive sorgen. 😉
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Nicht zu vergessen: Instrumental und Prepositional … 😊
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Das sind definitiv zwei Fälle, ohne die man gut leben kann.
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