ZEITREISE
Ich komme aus der DDR, ich komme aus der Zukunft. Deshalb weiß ich auch, wie’s ausgehen wird.
Michael Klonovsky, dt. Publizist
WAS LANGE GÄRT, WIRD ENDLICH GUT
( Ein Entwurf, der hier vier Jahre gärte. )
SIE schlendern die Straße entlang. Linkerhand ein Zebrastreifen.
Ein Kleinbus stoppt. Sie wollen aber geradeaus.
Egal, der Fahrer bleibt stehen, bis Sie nicht mehr anders können und doch die Straße überqueren.
Blickkontakt, man zeigt mit Fingern aufeinander und lacht sich krumm.
Wenn Ihnen das passiert, sind sie in Freyburg, Freyburg an der Unstrut.
Der Mann wusste wohl recht genau, wohin wir unterwegs waren …
Gelernt haben wir: „Jeder Tag ohne „Rotkäppchen“ schadet Ihrer Gesundheit.“
EIN MENSCH, WIE STOLZ DAS KLINGT.
Häää? … nee, find‘ ich nicht.
Dieser Satz, ein wohl bekanntes Zitat aus Maxim Gorkis Stück „Nachtasyl“, russisch „Am Boden“, wurde uns Schülern im Fach Literatur gerne als ein Beispiel revolutionären Geistes im Schaffen des Künstlers präsentiert. Keiner hat das Stück so richtig gelesen, schon gar nicht auf Russisch.
Den Druck der deutschsprachigen Fassung hat Gorki übrigens persönlich überwacht, damals in Wittenberg.
Wir bemühen nun aber das Original.
Dort beginnt der Protagonist Satin, ein Mensch ohne Eigenschaften, umgeben von lauter gescheiterten Existenzen, seine Rede mit:
„Wenn ich betrunken bin, gefällt mir alles.“ (Wer kennt das nicht ?)
Er wundert noch ein bisschen herum, über die Bedeutung des Menschen ansich, um dann die, für uns entscheidenden, Worte zu sprechen:
„Mann des Jahrhunderts. Das ist … großartig. Das klingt … stolz. Mann des Jahrhunderts. … Darauf lasst uns trinken Baron.“
Nicht человек = ein Mensch also, sondern чело – век = Mann des Jahrhunderts: Diese Wortspielerei gibt der Sache einen Sinn, da geh‘ ich mit.
Fazit: Der revolutionäre Geist entstammte in diesem Fall eindeutig der Flasche.
Wieder etwas gelernt und hoffentlich richtig interpretiert … Выпьем за это …!
PS: Auf dem Bild sehen wir Ernst Busch, Schauspieler und Sänger, in der Rolle des Satin.